Die Crew um Max Kroneck liebt Skifahren. Und Reisen. Und das Abenteuer. Filtrat ihres letzten Projekts: der Film Going east. Im Interview erzählt der Freeskier von seinen Hotspots der Reise, minimalistischer Packliste und wie er plötzlich alleine am Busterminal stand. Ohne Handy.
bock-auf-draussen.de: Max, wir sind heute bei der Premiere der Banff Film Tour in München. Euer Film „Going East“ begleitet euch beim Skifahren – mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Ziel, möglichst weit nach Osten zu kommen. Die Nutzung von Bus und Bahn wird ja aktuell viel diskutiert und oft gelobt, gerade auch im Outdoor-Bereich. Was stand bei euch am Anfang: der Wunsch, wieder einen Film zu drehen, oder die Idee für diesen besonderen Trip? Oder hat sich das eine aus dem anderen ergeben?
Max Kroneck: Gute Frage. Um ehrlich zu sein: Ich bin bei Arcteryx unter Vertrag und wir haben ein großartiges Team, das sich regelmäßig trifft. Viele von uns kennen sich schon lange, wir haben schon einige Projekte gemeinsam umgesetzt – wir haben einfach Bock auf sowas. Ob daraus am Ende ein Film, eine Fotostory oder etwas ganz anderes entsteht, ist eigentlich zweitrangig. Es geht darum, etwas zu unternehmen, unterwegs zu sein, auch mal über eine längere Zeit am Stück. Das war initial der Plan und so sind wir dann aufs Zugfahren gekommen.
Joi lebt in Innsbruck komplett ohne Auto. Auch ich versuche, möglichst selten das Auto zu nehmen, fahre viel Rad und habe schon einige Radreisen gemacht; einmal sogar mit dem Zug bis nach Thessaloniki. Für den Loïk war es neu, die öffentlichen Verkehrsmittel auch für solche Unternehmungen zu nutzen – nicht nur für Städte-Trips nach Paris, Amsterdam oder Berlin, sondern eben auch für Abenteuer direkt vor der Haustür. Das hat uns motiviert, das Thema weiterzudenken.
bock-auf-draussen.de: Wie seid ihr darauf gekommen, soweit nach Osten zu fahren wie möglich?
Max Kroneck: Ursprünglich hatten wir eine ganz andere Route geplant: Wir wollten eine Runde ums Mittelmeer drehen, immer mit Blick aufs Wasser skifahren und so weit wie möglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen. Das haben wir akribisch durchgeplant – mit genauen Zeitplänen, Übernachtungen im Zug und Skidurchschreitungen dazwischen. Eine Woche vorher haben wir dann gesehen: Ok, die einzige Webcam, auf der man Schnee sieht, steht in Korsika – und unter einer Schneekanone.
Also haben wir spontan umdisponiert und uns gefragt: Wie weit kommen wir eigentlich nach Osten? Ich wollte ohnehin schon immer mal in die Slowakei und andere Regionen, die ich bisher nur vom Hörensagen kannte. Insofern war das perfekt.
bock-auf-draussen.de: Wie war das unterwegs – habt ihr auch mal länger an einem Ort verweilt oder seid ihr wirklich fast jeden Tag weitergezogen?
Max Kroneck: Ziemlich viel war wirklich on the go. In der Slowakei waren wir drei Nächte. Das hatte auch damit zu tun, das Silvia wieder nach Hause musste. Das war von Anfang an so eingeplant, weil sie wieder arbeiten musste. In Bulgarien waren es auch zwei Nächte, in Rumänien haben wir eine Nacht am Berg gepennt. In der Türkei waren es ein paar mehr Nächte, auch wegen der langen Anreise. Insgesamt haben wir aber sehr viel Zeit in Zügen und an Bahnhöfen verbracht und oft nicht viel Schlaf bekommen.
bock-auf-draussen.de: Klingt stressig. Ihr hättet ja auch mal bisschen chillen können…
Max Kroneck: Wenn man es sich vorher überlegt, dann stellt man es sich nicht stressig vor. Zugfahren bedeutet ja eigentlich: Bissl Stress beim Packen und zum Bahnhof kommen, aber wenn man den Zug erwischt hat, ist alles chillig. Das haben wir uns auch gedacht. Aber als wir dann unterwegs waren, war es brutal anstrengend, gerade auch mental. Wir waren völlig durch danach. Wenn ich das mit meinen Radreisen vergleiche, waren die deutlich entspannter. Die Logistik war diesmal viel aufwändiger. Wer hat welchen Zug gebucht? Wo haben wir die Plätze? Wie kommen wir wieder zum Bahnhof? Die Berge waren ja nicht immer direkt mit dem Zug erreichbar, in der Regel sind wir an irgendeinem Hauptbahnhof angekommen. Wie wird es beim nächsten Ziel sein? Wie kommen wir dort zum Skifahren und zurück? So ging es die ganze Zeit. Wir waren konstant in diesem Loop.
bock-auf-draussen.de: Konntest du das Zugfahren und Skitouren selbst dann überhaupt genießen?
Max Kroneck: Das Coole beim Zugfahren für mich ist, aus dem Fenster zu schauen und die Landschaft vorbeifliegen zu sehen. Und diese Momente gab es natürlich schon immer wieder. Es waren immer Phasen. Stressig bis wir im Zug waren, anfangs noch stressig im Zug, weil wir planen mussten, was als nächstes kommt, aber wenn das abgeschlossen war: dann ist Ruhe bis kurz vorm Aussteigen. Und das war richtig fein. Man hatte Zeit für seine eigenen Dinge – Ski schleifen, Equipment sortieren, Drehmaterial sichern, aber auch: die bisherige Reise revue passieren lassen. Und dann wurde es wieder stressig bis wir am Berg waren und aufgefellt hatten. Als wir dann vor uns hingegangen sind, ist der Schalter wieder umgekippt, und ich wurde komplett ruhig. Ich fand diesen Kontrast spitze – auf der einen Seite das Leben, den Trubel rund um die Bahnhöfe und dann die vollkommene Ruhe am Berg. Das macht diese Reise sehr besonders.
bock-auf-draussen.de: Ihr wart mehrere Wochen unterwegs – und musstet alles selber tragen. Wie minimalistisch war eure Packiste. Und: wie lange musste die Unterhose durchhalten?
Max Kroneck (lacht): Wer schon mal mit viel Gepäck im Zug gefahren ist, weiß, dass das keinen Spaß macht. Wir haben unser Gepäck tatsächlich soweit reduziert wie es ging. Mein Rucksack hatte 30 Liter, die der anderen 40. Und da war schon alles drin: Schlafsack, Isomatte, Steigeisen, Ski-Equipment und Kamera-Equipment. Jeder von uns hatte ein komplettes Kamera-Setup im Rucksack, dazu noch eine Drohne. Für Klamotten war da kaum noch Platz. Ich hatte eine Ersatzunterhose und zwei Paar Socken dabei – mehr ging wirklich nicht. An den Bahnhöfen haben wir, wo immer es möglich war, schnell mal Sachen gewaschen und uns frisch gemacht. Das war schon sehr minimalistisch, aber es hat funktioniert.
bock-auf-draussen.de: Wie haben die Leute reagiert als ihr „Exoten mit Ski“ aus dem Zug gestiegen seid?
Max Kroneck: Eigentlich nicht besonders, ich hatte es zumindest schlimmer erwartet. Ich glaube, viele konnten einfach nichts mit uns und unseren Ski anfangen. Dazu kam sicherlich auch die Sprachbarriere. Es gab aber immer wieder auch Nachfragen, was wir machen, wohin wir fahren, was wir geplant haben. Wer allerdings immer wieder mal komisch geschaut hat, waren die Schaffner, wenn wir im Schlafabteil unsere Ski ausgebreitet haben.
bock-auf-draussen.de: Du hast ja erzählt, dass ihr euren Plan kurzfristig geändert habt – aus Mittelmeerroute wurde möglichst weit nach Osten. Hattest du trotzdem Erwartungen an die Reise? Worauf hast du dich eingestellt?
Max Kroneck: Wir haben ja wirklich sehr kurzfristig umgeswitcht und mussten alles recht schnell planen. Wir haben uns dann aufgeteilt. Jeder hatte für ein Land den Hut. Das hat aber hinten und vorne nicht funktioniert (lacht).
Wir haben am Tag vor der Abfahrt noch überlegt, welchen Ski wir mitnehmen. Joi hat sich dann für den abfahrtsorientierten Ski entschieden, mit der schweren Bindung und einem schwereren Schuh. Ich habe den gleichen Ski genommen, aber mit einer leichten Bindung. Ich habe mich insgesamt einfach auf schlechte Schneebedingungen eingestellt und im Großen und Ganzen hat das auch ganz gut gepasst.
bock-auf-draussen.de: Im Film sieht man das ein oder andere Grün…
Max Kroneck: Absolut. Aber das gehört bei solchen Reisen einfach dazu. Zudem muss ich sagen: ich bin keiner, der alles für einen Powdertag gibt. Klar, das ist fein, aber ich würde mehr für einen Firntag geben – da sieht man, was man bekommt, und es passt zum Reisen einfach viel besser. Wenn’s nur schneit ist auch nicht optimal. Wir hatten auf unserer Reise alles – super Neuschnee in Travisio und extrem harten Schnee in der hohen Tatra, aber eigentlich optimale Bedingungen. Wenn es hier Neuschnee gegeben hätte, wäre alles abgerutscht, denn wo wir waren, gab es sehr viele steile Rinnen. Wir haben es somit mega gut erwischt. Es hat insgesamt überall gut gepasst, nur in der Türkei war es etwas tricky in Sachen Lawinensituation.
bock-auf-draussen.de: Inwiefern?
Max Kroneck: Wir waren auf einem Vulkan, der relativ zentral in der Türkei steht und nur von flachem Land umgeben ist. Da bläst die ganze Zeit der Wind. Man hat schon fast ein kontinentales Klima. Der Schnee, der dort liegt, verändert sich im Grunde nicht mehr, weil keine Feuchtigkeit mehr dazukommt. Das macht es sehr lawinenanfällig. Wir haben unseren Dreh dann auch abgebrochen, so schön die Lines auch ausgesehen haben. Auf Bildern von der Ferne sieht es dort aus wie der perfekte Spot zum Freeriden. Wenn man aber schließlich vor Ort ist, erkennt man, dass man echt Glück haben muss, um einigermaßen sichere Bedingungen zu erwischen. Wir haben im Nachhinein erfahren, dass am gleichen Tag, an dem wir unterwegs waren, am Nachbarberg eine große Lawine abgegangen ist. Es waren schon viele Crews dort und haben abbrechen müssen.
bock-auf-draussen.de: Auf dem Weg nach Kayseri, wo ihr den eben beschriebenen Vulkan befahren wolltet, gabe es eine im Nachhinein ganz witzige Situation: Du warst auf einmal verschwunden. Was war da los?
Max Kroneck (lacht): In der Türkei sind die Busnetze extrem gut ausgebaut und die Busse sind sehr luxuriös, inklusive einer Art Stewart, der dir Tee serviert. Der schaut auch, dass nach den Pinkelstopps alle wieder im Bus sind. Bei einem Stopp in Anakara ist es dann passiert. Du musst dir den Busterminal ungefähr so vorstellen wie den Münchner Flughafen, nur größer, mit viel mehr Leuten und richtig Chaos. Der Busbahnhof erstreckt sich zudem über mehrere Ebenen. Ich bin also kurz aufs Klo gegangen und als ich zurückgekommen bin, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich beim richtigen Terminal bin. Mit Englisch kommt man leider auch nicht weit. Auf einmal kommt ein Mann auf mich zu und sagt: „Friends? Brummmm“. Mein Bus war also samt Freunden und Gepäck weg. Der Mann war aber echt nett. Er hat mir etwas Geld gegeben, damit ich mir ein neues Ticket kaufen konnte. Ich hatte aber noch eine Herausforderung: ich wusste nicht mehr genau, an welchen Ort wir fahren wollten – und mein Handy war: im Bus. Über das Instagram-Profil meines Helfers habe ich dann die Jungs kontaktieren können und schließlich haben wir uns nach über zehn Stunden getrennter Busfahrt in Kayseri wieder getroffen. Alles ist gut ausgegangen, aber es war krass zu sehen, wie abhängig man mittlerweile von seinem Handy ist.
bock-auf-draussen.de: Gab es auf dem Trip einen Spot, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Max: Vom Skifahren her?
bock-auf-draussen.de: Ja, zum Beispiel.
Max Kroneck: Also ich weiß, dass ich auf jeden Fall nochmal in die Slowakei möchte – das ist einfach Chamonix in klein. Das fand ich mega fein, vor allem die Steilwände, die man dort fahren kann. Auch die Türkei war irre. Dort auf Vulkanen Ski zu fahren, ist schon spektakulär. Bulgarien war auch spannend. Direkt hinter dem Mittelmeer erhebt sich ein riesiges, kaum bekanntes Bergmassiv, das man so gar nicht auf dem Schirm hat. Das sah super interessant aus. Und durch die Nähe zum Mittelmeer bekommt es wahrscheinlich auch ganz ordentlich Schnee ab. Aber da muss man natürlich erstmal hinkommen. Du merkst also: ich kann gar nicht eine Location rausziehen und sagen, das war die Traumlocation. Alle Spots an denen wir waren, hatten ihren Charme.
bock-auf-draussen.de: Du hast also schon einige neue Projektideen von der Reise mitgebracht.
Max Kroneck: Absolut, da gibt es definitiv noch viel zu tun.
bock-auf-draussen.de: Vielen Dank, Max, für die spannenden Einblicke in die Reise. Klingt auf jeden Fall nach einem spektakulären Erlebnis und macht Lust auf den Film. Den gibt’s mittlerweile auch bei Youtube zu finden. Bevor wir unser Gespräch aber beenden, habe ich noch zwei Fragen von meiner Tochter im Gepäck.
Max Kroneck: Ah, cool. Da bin ich gespannt.
bock-auf-draussen.de: Die erste wäre: Warum kannst du so gut Ski fahren?
Weil ich mit zwei Jahren angefangen habe und weil mein Papa mir nie vorgefahren ist. Ich bin einfach sehr viel gefahren und immer irgendwo im Gelände gelandet. Als ich fünf war, hat mein Papa mir meine erste Tourenbindung zusammengebaut. Dann ging’s irgendwann los mit Slope Style, Halfpipe. Und: Bis heute ist es so, dass ein Skitag, an dem ich nicht stürze, kein richtiger Skitag ist, denn dann bin ich nicht an meine Grenzen gegangen
bock-auf-draussen.de: Die zweite Frage wäre: Von welcher Pistenfarbe seid ihr abseits gefahren?
Max Kroneck: Oh, das ist eine gute Frage. Ich muss sagen, ich habe erst sehr spät gelernt, dass es diese Einteilung überhaupt gibt. Da war ich bestimmt schon 14 oder so. Ich habe immer gedacht, dass seinen einfach Nummern der Pisten. Aber dass da eine Schwierigkeitsbewertung dahintersteckt, habe ich nicht gewusst; habe mich aber auch nicht darum gekümmert. Und es war gut, dass auch meine Eltern mir das nicht gesagt hatten. Ich bin am Brauneck skifahrerisch groß geworden. Heißt, wir sind natürlich ständig die Garland gefahren (eine der anspruchsvollsten schwarzen Pisten im Skigebiet Brauneck, Anm. d. Red).
bock-auf-draussen.de: Sehr gut, da nehme ich mir und ihr auf jeden Fall was mit. Vielen Dank für das Interview.
Last modified: 23. Juni 2025